Amtsblatt 465, 13. Oktober 2007
Doch, doch, Sie haben richtig gelesen. Denn die Erwartungen, die an die Einführung eines Beteiligungshaushaltes gestellt werden können in Richtung „Mehr Demokratie wagen“ werden leider bitter enttäuscht. Kernstück des Beteiligungsprozesses sollen eine Online-Befragung von ca. 2000 Bürger/innen, ein „Haushaltsrechner“ (jeder kann online „seinen eigenen Haushalt“ erstellen, allerdings dürfen keine Einnahmen, sondern nur Ausgaben verändert werden) und eine „Stadtkonferenz“, zu der man sich anmelden muss und die Teilnehmer/innen von der Verwaltung ausgewählt werden.
Nur diese Möglichkeiten sollen die Bürger/innen haben, sich beim Beteiligungshaushalt einzubringen. Und dabei auch nur Empfehlungen ohne jegliche Verbindlichkeit aussprechen.
Unsere Kritik betrifft vor allem folgende Punkte:
1. Jeder Haushalt hat eine Einnahme- und eine Ausgabenseite. Beide müssen verhandelbar sein. Dabei soll ein ausgeglichener Haushalt das Ziel sein.
2. Gibt es massenweise Umfragen, aber keine politischen Versammlungen. Individuelle Befragungen sollen den Prozess kollektiver politischer Willensbildung ersetzen. Demoskopie tritt an die Stelle der Demokratie.
3. Teilnehmer an Online-Befragungen sind erfahrungsgemäß vor allem Männer zwischen 20 und 40 mit überdurchschnittlichem Bildungsstand, so entsteht ein Zerrbild.
4. Die Hürde, sich zu einer Stadtkonferenz für 1 ½ Tage in der Messehalle anzumelden, ist sehr hoch. Auf diese Weise werden wieder bestimmte Personengruppen selektiert. Stadtteilkonferenzen, nahe an den Bürgerinnen und Bürgern in den Quartieren, würden viel mehr Menschen ansprechen und in den Beteiligungsprozess einbeziehen. Aber das scheint nicht gewollt: „dann wird das ja wie beim Bürgerentscheid, das wollen wir nicht“ (Per Klabundt, Grüne)
Wir werden am 23.10. Anträge stellen mit dem Ziel, dass Freiburg einen echten Beteiligungshaushalt bekommt, der seinen Namen auch verdient.
Denn bei der Verwaltung ist von direkter Demokratie, von einem Abgeben von auch nur einem kleinen Stück Entscheidungskompetenz vom Gemeinderat an die Bürger/innen keine Rede. Schade eigentlich.