Ein Mehr an Demokratie

Thesen der UL zum Beteiligungshaushalt

Auf die Tagesordnung des Gemeinderates am 23.10.07 setzt OB Salomon unter Pkt.2 „Grundsatzbeschluss und inhaltliche Verfahrensausgestaltung des Beteiligungshaushaltes. „Top-down“ Prozess nennt man ein derartiges Vorgehen, was früher einfach „diktiert von oben“ hieß. Die Verwaltung macht die Vorlage, die Fraktionen haben - wenn es gut geht - 2 Wochen Zeit, dann wird entschieden, wie „Bürgerbeteiligung“ in Freiburg auszusehen hat. Und dies, ohne dass zuvor eine Debatte in der Bürgerschaft über Verfahren und Ziele geführt werden konnte.
Die Fraktion Unabhängige Listen kritisiert dieses Vorgehen und stellt nachfolgend 7 Punkte zur Diskussion. Wir hoffen, dass damit ein „Bottom-up“ Prozess erleichtert wird, also eine breite Debatte von unten, was erforderlich ist, damit überhaupt von einem Beteiligungshaushalt, also einem Mehr an kommunaler Demokratie, gesprochen werden kann.

1. Realer Einfluss der BürgerInnen auf Entscheidungen
Ziel eines Beteiligungshaushalts muss die Erhöhung der realen Einflussmöglichkeiten der Bürger/innen auf die Entscheidungen für den städtischen Haushalt sein. Ziel kann nicht sein, den Bürger/innen „die Akzeptanz für das Handeln der Verwaltung“ und die „Schwierigkeiten des Sparens“ pädagogisch näher zu bringen.

2. Prioritäten der Bürgerschaft
Das Verfahren Beteiligungshaushalt soll dazu dienen, dass die Bürgerschaft ihre Prioritäten der städtischen Aufgabenbereiche erarbeitet. Dazu ist es nötig, dass die Bürger in Stadtteilversammlungen über die Prioritäten und die Themen abstimmen.

3. Transparentes Verfahren
Das Beteiligungsverfahren muss transparent, offen und nachvollziehbar sein – und klar und eindeutig. Es muss für alle verständlich und erkennbar sein, worüber verhandelt werden kann und worüber nicht – dies muss sich logischerweise an den Kompetenzen des GR orientieren. D.h. die Bürger/innen können dem GR alles empfehlen, was dieser auch beschließen kann.

4. Klarheit über objektiv zur Verfügung stehende Mittel
Die Forderung nach Haushaltsneutralität kann nicht bedeuten, dass die Bürgerinnen bei Aufstellung ihrer Prioritäten jeweils Deckungsvorschläge benennen müssen. Vielmehr muss den Bürger/innen zu Beginn des Beteiligungsprozesses gesagt werden, in welchem Umfang Mittel (auf Basis der letzten Steuerschätzung) im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt zur Verfügung stehen, über die der Gemeinderat verfügen kann und die damit der Beteiligung offen stehen. Dies ist das objektiv zur Verfügung stehende Volumen, dessen Einhaltung im Ergebnis einen ausgeglichenen Haushalt bedeutet. Zusätzlich müssen die Bürger Vorschläge für Einnahmeerhöhungen und Ausgabensenkungen machen können, die das Volumen verändern.

5. Kernstück Stadtteilversammlungen
Kernstück des Beteiligungsverfahrens müssen u. E. zunächst mindestens acht Stadtteilversammlungen, vier stadtübergreifende Themenforen zu Stadtplanung, Bildung + Kultur, Umwelt + Verkehr, Wirtschaft + Arbeitsplätze und auch Internet-Foren sein. Sie gewährleisten Bürgernähe und vor allem einen Diskussion – und Meinungsbildungsprozess, der weder mit einem Haushaltsrechner noch mit einer repräsentativen Umfrage erreicht wird. Die Ergebnisse der Stadtteil-, Themen- und Internet-Foren sollten durch Delegierte aus den dezentralen Veranstaltungen auf einer Stadtkonferenz in eine stadtübergreifende Prioritätenliste münden.

6. Teilnahme möglichst vieler BürgerInnen
Ziel muss sein, dass möglichst viele Bürger/innen aller Stadtteile, unterschiedlichster sozialer Herkunft, Generationen und Geschlechter, aktiv am Beteiligungsprozess mitarbeiten. Bürgervereine + Stadtteilsozialarbeit sind in die Stadtteilforen entsprechend einzubinden, „FürsprecherInnen“ stellvertretend für die Bürger/innen lehnen wir ab.

7. Hohe Verbindlichkeit
Die Prioritätenliste der Bürger/innen sollten Antragscharakter haben, was eine möglichst hohe Verbindlichkeit für den GR bedeuten würde.