Thesen zur Haushaltspolitik

1. Auf Antrag der CDU Fraktionen hat der Gemeinderat im Mai 2007 den so genannten Masterplan zur Entschul-dung und Bestandssanierung beschlossen. Der Beschluss sieht vor, dass alle Einnahmen der Stadt, die über die Haushaltsansätze des Doppelhaushalt des 2007/2008 hinausgehen, jeweils zur Hälfte für Schuldenabbau und Sanierung im Bestand verwendet werden müssen.
Der Plan sieht weiter vor, dass die Stadt in 15 Jahren vollständig entschuldet ist. Er legt fest, dass die Tilgungen jährlich mindestens 15 Millionen betragen müssen. Für den Fall, dass die damit im Jahr erforderlichen 30 Millionen nicht zur Verfügung stehen aus Mehreinnahmen (die über die Haushaltsansätze hinausgehen), wird weiter festge-legt, dass die Stadt dann zu Umsetzung dieses Zieles für mindestens 30 Millionen € im Jahr Vermögen veräußern muss.
Unsere Fraktion hat diesem Antrag nicht zugestimmt.

Unsere Gründe dafür sind zusammengefasst folgende:

A. . Freiburg hat in 50 Jahren Schulden in Höhe von 330 Millionen aufgehäuft. Die entsprechenden Darlehensver-träge sind kurz, mittel und langfristig. Die Zinssätze sind in der Regel mit 4% sehr günstig.
Für uns ist Schuldenabbau kein Selbstzweck sondern eines von mehreren Bezugspunkten in unserer Politik. Ein anderer mindestens ebenso wichtiger Bezugspunkt ist die Erfüllung kommunaler Aufgaben durch die Stadt. Dabei stellen sich der Stadt aufgrund veränderter gesellschaftlicher Verhältnisse auch neue Aufgaben, die erkannt wer-den und beantwortet werden müssen. Das gilt für soziale Angebote ebenso (Kinderbetreuung, Wohnangebote für allein erziehende, öffentliche Räume für Jugendliche, wenn Angebote für ältere) wie auch für kulturelle (Kulturent-wicklungsplan). Im Rahmen dieser Pflichtenerfüllung kann es notwendig sein, Kredite aufzunehmen. Wenn irgend möglich, versuchen wir durch eine Erhöhung der Einnahmen, so weit diese sozial verträglich ist, die Haushaltssitu-ation der Stadt soweit zu verbessern, dass Kreditaufnahmen unnötig sind. Wir verfolgen weiterhin das Ziel einer Gewerbesteuererhöhung.

B. die von der Gemeinderatsmehrheit vorgenommene Selbstbindung des Gemeinderates ist-unabhängig von ihrer rechtlichen Wirksamkeit- gegen die Stadt und die in ihr lebenden Menschen gerichtet. Dies müssen wir in den Haushaltsauseinandersetzungen deutlich machen. Die Festlegung auf eine Tilgung von 15 Millionen jedes Jahr sowie weitere 15 Millionen für Sanierung im Bestand pro Jahr, zusammen also 30 Millionen, die völlig unabhängig von der wirtschaftlichen Situation aufgebracht werden müssen, zielt auf massive Einschränkung kommunaler Leis-tungen, auf massive Reduzierung der Zahl kommunaler Beschäftigten sowie auf massive Vermögensveräußerung. Wir müssen noch wesentlich besser als bisher deutlich machen, dass damit auch die Gemeinderatsmehrheit den Bürgerentscheid gegen den Verkauf der Stadtbau unterläuft., dessen Ziel es neben seinen sozialpolitischen Moti-ven auch war zu verhindern, dass die Stadt ihr über Generationen hinweg erworbenes Vermögen verschleudert. Nichts anderes aber wird festgelegt, wenn in dem Beschluss gesagt wird, dass bei fehlenden Steuermehreinnah-men 30 Millionen im Jahr an Vermögen veräußert werden muss.


3. Generell Ausgangspunkte unserer Haushaltspolitik bleibt, dass die Kommunen massiv unterfinanziert sind und die Einschränkung kommunaler Leistungen vor allem die wirtschaftlich schwächeren in der Stadt trifft und damit eine der zentralen Aufgaben kommunaler Politik vernachlässigt wird, die soziale Ausgrenzung von immer mehr Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben zu bekämpfen. Dazu müssen viele Angebote der Kommune im Be-reich Verkehr, Soziales und Kultur erheblich günstiger werden und dazu sind erhebliche Mittel erforderlich.
Für eine derart rigide Entschuldungspolitik, wie sie die Gemeinderatsmehrheit verfolgt, besteht kein Anlass. Dage-gen ist in Zeiten guter Einnahmen wie im laufenden Jahr eine maßvolle Entschuldung durchaus möglich, ohne damit kommunaler Aufgaben zu vernachlässigen.
Dafür ist eine politische Debatte über die Prioritäten in der Stadt dringend erforderlich. In dieser Debatte könnte deutlich werden, dass ohne ein Konzept im Kampf gegen Armut, ohne den Ausbau sozialer Netzwerke in den Stadtteilen Investitionen im Bildungsbereich Stückwerk bleiben, weil sie immer nur einen Teil der Gesellschaft zu-gute kommen. Es könnte weiter deutlich werden, dass ohne einen lebendiges Kulturleben in der Stadt, das allen zugänglich ist, die Investitionen in Schulen und Kindergärten ebenso Stückwerk bleiben. Die UL sollte für diesen Gesamtzusammenhang stehen und dafür die zur Verfügung stehenden kommunalen Mittel einfordern. der Vorbe-reitung weiterer massiver Vermögensveräußerungen, wie etwa der Verkauf städtischer Wohnungen, weiterer An-teile an der Abfallwirtschaft oder bei Badenova, sollten wir eindeutig entgegentreten.

Freiburg den 25. April 2008


Michael Moos