Echt frech: Die ÖPNV-Tariferhöhung 2008

Amtsblatt 481, 7. Juni 2008

Die Debatten um die jährlichen Tariferhöhungen im ÖPNV gleichen einem liebgewordenen, immer wiederkehrenden Ritual:

Die CDU lobt zu Recht das tolle Angebot und erklärt die Tariferhöhungen für gerechtfertigt. Die Grünen weisen zudem zu Recht noch auf den positiven Beitrag zum Klimaschutz hin. Die SPD stimmt zu, hebt aber warnend den Finger, dass bei den Tarifen aus sozialen Gründen bald das Ende der Fahnenstange erreicht sei.

Die Unabhängigen Listen lehnen die Tariferhöhungen als einzige ab, denn Tariferhöhungen beim ÖPNV stehen nicht in Einklang mit den Klimaschutzzielen der Stadt; sie sind umweltpolitisch das völlig falsche Signal; die Lebenshaltungskosten steigen weitaus schneller als die Reallöhne, sodass zunehmend mehr Menschen sich eine Monatskarte nicht mehr leisten können. Konsequenterweise fordert die UL die Einführung eines Sozialtickets.

Diesmal hätte die Debatte anders verlaufen können. Denn dieses Jahr wird eine Tariferhöhung vorgeschlagen, die so nicht einmal betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen ist. Hat der ZRF eine „ÖPNV-spezifische Inflationsrate“ von 1,7% errechnet, so sollen die Tarife jedoch um durchschnittlich 2,2% steigen. Die Regio-Karte sogar um 3,4%. So werden den Nutzer/innen des ÖPNV in der Region über 500.000.-€ zusätzlich aus der Tasche gezogen ohne das dies notwendig wäre. Für nächstes Jahr wird eine deutlich höhere „ÖPNV-Inflationsrate“ erwartet und damit, nach der Logik des ZRF, deutlich höhere Tariferhöhungen.

Nächstes Jahr sind Kommunalwahlen, da kommen drastische Tariferhöhungen nicht gelegen.
So zieht man den Leuten das Geld lieber schon ein Jahr früher aus der Tasche. Auf die Idee, das System der jährlichen Tariferhöhungen in Frage zu stellen, kommt niemand. Dabei ist der Kostendeckungsgrad bei der VAG schon deutlich höher als anderorts. Schon jetzt wird davon ausgegangen, dass von jedem Euro, der durch Tariferhöhungen eingenommen wird, 20 Cent wieder verloren gehen, weil Menschen sich die Regio-Karte für 45,50 € nicht mehr leisten können. Tendenz steigend. Die Nutzung des ÖPNV wird damit zum Luxus. Hartz IV Empfänger/innen bekommen 18.-€ im Monat für den ÖPNV (4 ½ Fahrten hin und zurück), sie sind heute schon teilweise von Mobilität ausgeschlossen.

Ein Umdenken findet bisher nicht statt - das Ritual geht in die nächste Runde:
Die Unabhängigen Listen lehnen die ungerechtfertigten Tariferhöhungen bei Bus & Bahn ab. Und sind gespannt auf die Diskussion im nächsten Jahr.

Hendrijk Guzzoni