Erste Auswertung der Fraktionsgemeinschaft Unabhängige Listen der Dokumentation „Stadtkonferenz zum geschlechtersensiblen Beteiligungshaushalt 2009/2010“

Die Fraktion Unabhängige Listen (UL) ist bereit, konkrete Konsequenzen aus den Beratungen und Voten der Bürgerinnen und Bürger bei der Stadtkonferenz zu ziehen. Wurden bei der Bürgerumfrage und dem Haushaltsrechner nur anhand der von der Verwaltung vorgegebenen Politikfelder individuelle Meinungen abgefragt, so beruhten bei der Stadtkonferenz die abgegebenen Voten auf ausführlichen Diskussionen in den Arbeitsgruppen. Dies macht den besonderen Wert dieser spannenden und ertragreichen Veranstaltung aus. 206 Bürgerinnen und Bürger im Alter zwischen 12 und 84 Jahren, die aus fast allen Stadtteilen kamen, darunter 94 Frauen und 112 Männer, nahmen teil. Die Diskussion wurde sowohl in Stadtteilgruppen geführt als auch in Arbeitsgruppen, welche die kommunalpolitischen Ziele nach Geschlecht und Lebenssituationen diskutierten und schließlich in ausgelosten Haushaltsgruppen. Sämtliche Ergebnisse wurden festgehalten. In 30 Arbeitsgruppen wurden die Schwerpunkte des kommunalen Haushaltes ausführlich besprochen. Die Bürgerinnen und Bürger traten außerordentlich selbstbewusst auf und bestimmten aus ihrer Sicht den Rahmen der Vorschläge. In einer ersten Auswertung hält die Fraktion der Unabhängigen Listen fest:

1. In Freiburg gibt es eine starke Basis für eine Bürgerbeteiligung, auch und gerade hinsichtlich des städtischen Haushaltes. Dabei wird es in Zukunft darauf ankommen, statt einer Mammutveranstaltung wie der Stadtkonferenz auf Stadtteileebene Konferenzen durchzuführen, deren Ergebnisse dann in einer Stadtkonferenz zusammengefasst werden. Stadtübergreifende Themenforen, z.B. zu Bildung, Kultur, Sport können diesen Meinungsbildungsprozess in Zukunft vervollständigen. Im DHH 09/10 sind die erforderlichen Mittel einzustellen.

2. Entscheidend für die Zukunft des Beteiligungshaushaltes in Freiburg wird sein, ob die vorliegenden Ergebnisse ernsthaft auf Konsequenzen im Haushalt diskutiert werden. Die UL fordert, daß die Vorschläge der Konferenz auf Stadtteilebene weiter diskutiert werden und Eingang finden in die noch zu erstellenden Stadtteilentwicklungspläne. Die Vielzahl von Vorschlägen für die Gesamtstadt darf keinesfalls zu den Akten gelegt werden, sondern muss vom Gemeinderat und seinen Ausschüssen auf eine mögliche Umsetzung hin diskutiert werden.

3. Freiburg muss sich als soziale Stadt positionieren und mehr in das Label „Soziale Stadt“ investieren. Diese For-derung zieht sich durch alle Diskussionsergebnisse, kein anderer Bereich stieß auf soviel Interesse. Statt immer weiterer Einschränkung sozialer Hilfen wurde deren Ausbau gefordert: Sozialticket im ÖPNV, Ausbau des Freiburg - Passes z.B. auch auf die städtischen Bäder, kostenlose Krippen und Kindergärten, bezahlbarer Wohnraum. Die Forderung nach einer aktiven Politik gegen soziale Ausgrenzung und nach Integrationsmaßnahmen für benachteiligte Bürgerinnen und Bürger war eindeutig.

4. Ebenso klar war die Forderung, die kommunalen Maßnahmen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. So müssen die Kleinkind-Betreuungsplätze und das Ganztagesschulangebot ausgebaut werden, ebenso wie die Schulsozialarbeit, die qualifizierte Nachmittags Betreuung und die schulische Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

5. Eine aktive Stadtentwicklungspolitik wurde gefordert, eine Stadt der kurzen Wege, der Vielfalt, der lebendigen Quartiere, eine Kommunalpolitik, die der sich ständig verändernde sozialen Realität mit Single Haushalten, Patch-work-Familien und eine älter werdende Gesellschaft mit alternativen Wohnmodellen, Generationen übergreifendem Wohnen, Förderung von Stadtteiltreffs und einer konsequenten Barrierefreiheit gerecht wird.

6. Auch die Kürzungen im Kulturbereich, bei Theater, freien Gruppen, der Musikschule, bei Volkshochschule und Stadtbibliothek wurden von den Teilnehmern abgelehnt. Die Bedeutung der Kulturarbeit/kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche wurde in den Empfehlungsgruppen hervorgehoben. Sozialverträgliche Ticket Preise wurden gefordert. Die Förderung von Kunst wurde als elementarer Bestandteil unserer Gesellschaft anerkannt.

Nimmt man die Vielzahl der dokumentarisch festgehaltenen kommunalpolitischen Forderungen und Vorschläge zusammen, so wurde nach Auffassung der UL ein Kurswechsel in der Kommunalpolitik gefordert. Die Ideologie einer „Haushaltskonsolidierung“ insbesondere auf Kosten der ökonomisch schwachen Bevölkerungsteile verfängt ganz offensichtlich nicht. Von der Stadt wird verlangt, dass sie ihren Aufgaben gerecht wird, nicht mehr und nicht weniger.

Sache aller Bürgerinnen und Bürger wird es sein, in den nächsten Wochen und Monaten zu prüfen, ob auch Beteiligung drin ist, wo Beteiligung drauf steht. Die Haushaltsbeschlüsse werden es zeigen.

Freiburg, den 10.09.08

i.A. für die Fraktion, Ulrike Schubert, Michael Moos