Brief an Junges Freiburg/DIE GRÜNEN: Betreff Missstände bei der ARGE Freiburg

An:
Junges Freiburg/DIE GRÜNEN
im Freiburger Gemeinderat
Haslacher Str. 61, 79115 Freiburg

Betreff: Missstände bei der ARGE Freiburg
Ihr Brief an Bürgermeister von Kirchbach vom 08.10.2008


Sehr geehrte GemeinderätInnen,

in Ihrem Schreiben an den Sozialbürgermeister der Stadt Freiburg beklagen Sie Missstände bei der Arge und fordern, dass diese endlich konsequent angegangen und beseitigt werden müssten.

Wir begrüßen es nachdrücklich, dass durch Ihre Äußerungen und die daraus folgenden Diskussionen dieFreiburgerÖffentlichkeit zum wiederholten Male darauf hingewiesen wurde, dass im Bereich der Zuständigkeit der Arge Menschen unnötig zu leiden haben, weil notwendige Unterstützung häufig nicht oder nur nach längerem Kämpfen um’s Recht gewährt wird.

Wir begrüßen esebensonachdrücklich, dass Sie in Ihrem Brief feststellen, dass die in ca. 9.000
Bedarfsgemeinschaften lebenden 15.000 Personen, davon 3.000 Kinder und Jugendliche, unter
Armutsbedingungenleben müssen.

Beides kann nicht deutlich und laut und oft genug gesagt werden:
  • Hartz IV erzwingt Leben in Armut und
  • (fast) nur jene Menschen, die noch die Kraft und Möglichkeiten haben, sich zu wehren, könnenihre Rechte vollständig wahrnehmen.
Hinweisen möchten wir aber in diesem Zusammenhang darauf, dass die von Ihnen angesprochenen Missstände im Verhalten der ARGEn nicht Freiburg-typisch sind; sie sind eher Hartz-IV-typisch. Offensichtlich liegt es in erster Linie am ganzen System, dass Menschen drangsaliert und unter Druck gesetzt und mit fehlerhaften Bescheiden belegt werden. Berichte über ein grundsätzlich menschenwürdigeres und korrektes Verhalten der Arge Breisgau-Hochschw. sind für uns nicht nachvollziehbar.

Deshalb werden wir einerseits nicht nachlassen, wie seit dem 1.1.2005 durchgehend, das Verhalten der ARGE Freiburg insgesamt und im Einzelfall überall dort zu kritisieren, wo Menschen benachteiligt werden und arbeiten gerne mit allen zusammen, die mit dazu beitragenmöchten, dass die Auswirkungen der Hartz-Gesetze und das Fehlverhalten der ARGE für jeden Einzelnen zu möglichst geringen Nachteilen führen. Insbesondere wollen wir dazu beitragen, dass die Betroffenen sich zusammentun, sich gegenseitigstärken, um ihre Interessen durchzusetzen gegen den Druck und die Benachteiligung, dem sie ausgesetzt sind.

Andererseits werden wir uns weiterhin mit Vorschlägen einbringen, die geeignet scheinen, die
Missstände in die richtige Richtung abzuwenden.

Dazu gehört:
  • Jeder Erwerbslose muss umfassend über seine Leistungsansprüche und seine Widerspruchs-und sonstigen rechtlichen Möglichkeiteninformiert werden. Die ARGE muss ihrer Beratungspflicht umfassend nachkommen.
  • Wir brauchen dringend einen Beirat, an dem gleichberechtigt auch Erwerbslose beteiligt sein müssen,
  • auch ein/e Ombudsmann/-frau sollte „eingerichtet“ werden,
  • Arbeitsgelegenheiten (sog. 1-€-Jobs) müssen vollständigdurch reguläre Arbeitsverhältnisse als Angeboteersetzt werden.
  • die längst fällige angemessene Anhebung der Mietobergrenzen, die Ihre Fraktion im Gemeinderat leider mitverhindert hat. Eine nicht unerhebliche Zahl von „Fällen“, in denen Menschen unter großer Belastung für ihr Recht kämpfen müssen, die auch viel zu oft zwangsläufig vor Gericht landen, würde so erst gar nicht anfallen.
  • Benchmarking ist keine zielführende Einrichtung: erstens existiert dies bereits; zweitens mitdem negativen Effekt, dass jene ARGEn gut abschneiden, die viel einsparen auf Kosten der Menschen. Genau dies darf nicht Ziel sein der Betreuung der Langzeiterwerbslosen. Der permanente Vergleich mit anderen Arbeitsgemeinschaften lokalisiert nicht Defizite und auftretende Missstände und beseitigt diese schnellstmöglich; zusammen mit den willkürlichen Kürzungsvorgaben von oben dient dies lediglich dem Wettbewerb umeingesparte Leistungen und trägt zu einem gewichtigen Maß Mitschuld an den unrechtmäßigen Versuchen aller ARGEn, auch rechtmäßig zustehende Leistungen einzusparen, wie und wo immer es geht!
  • Nicht „Effizienz“ kann die Forderung im Interesse der betroffenen Menschen sein, weil unter„Effizienz“von Seiten der Arge und aller übergeordneten Behörden immer unter "Einsparung" verstanden wird.
  • und nicht zuletzt der Verzicht auf so irreführende Begriffe wie „Kunden der Arge“. Haben Siewirklich schon jemals eine oder einen Empfänger/in von ALG 2 getroffen, die/der sich so bezeichnet, oder sich gar so fühlt – als Kunde der ARGE?
Mit freundlichen Grüßen
Der Runde Tisch Freiburg