Finanz- und Wirtschaftskrise – wie weiter?

Die lange anhaltenden Turbulenzen auf den Fi­nanzmärkten sind nach Auffassung vieler Experten die schwerste Erschütterung des internationalen Finanzsystems seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren. Sie hatte bisher zur Folge, dass eine Vielzahl von Finanzinstituten in den USA und auch in Europa in große Schwierigkeiten geriet und teilweise vom Markt verschwand und beispielsweise der Kongress der USA durch eine große Rettungsaktion mit 700 Mrd. US­-Dollar das Finanzsystem zu stützen und weitere finanzielle Kettenreaktionen zu unterbrechen versuchte.

Die internationale Finanzkrise geht in letzter Instanz zurück auf die Tatsache, dass seit den 70er
Jahren des letzten Jahrhunderts eine schrittweise Deregulierung des internationalen Finanzwesens stattgefunden hat. Auf diese Weise wurde der Spekulation auf den Finanzmärkten Tür und Tor geöffnet. Für die aktuelle Finanzkrise ist festzu­halten, dass sie ihren Ausgangspunkt am Immo­bilienmarkt der USA hatte. Seit den 90er Jahren sind in den USA die Immobilienpreise massiv gestiegen. Die Preisentwicklung auf dem Immo­bilienmarkt erzeugte die Illusion, die Entwicklung ginge auf nicht absehbare Zeit so weiter, so dass Immobilien zu einem begehrten Spekulationsob­jekt wurden. Der Preisanstieg bei den Immobilien in den USA erleichterte zudem die Beleihung bestehender Objekte und damit die Kreditfinan­zierung, auch für den Konsum außerhalb des Immobiliensektors. Die Folge war ein Überange­bot von Immobilien, ein darauf einsetzender Preisverfall bei vielen Objekten und eine Insol­venzwelle bei Finanzinstituten. Eine weitere Schwierigkeit entstand dadurch, dass seit der Mitte der 90er Jahre Hypothekenkredite von Banken an andere Finanzierungsgesellschaften weiterverkauft, als neue Wertpapiere gebündelt und dann an neue Anleger weiterverkauft wur­den, vorwiegend an Versicherungen und Fonds­gesellschaften. Nach der Insolvenzwelle am Kre­ditmarkt wurde nicht nur dieser Markt, sondern auch der gesamte Immobilienmarkt in Mitleiden­schaft gezogen und darüber hinaus der Wertpapier­markt und der Markt für Konsumentenkredite. Die Verluste bei Finanzinstituten wurden massiv, der Tiefpunkt dürfte erst im Jahre 2009 erreicht werden.
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Bekanntlich sind die USA nicht allein auf der Welt, sondern über viel­ fältige Wirtschaftsbe­ziehungen mit Europa und Asien verbunden. So wie die Probleme im Hypotheken­ und Bank­sektor auf die amerika­nische Bauwirtschaft und danach auf andere Bereiche der Investi­tions-­ und Konsumgüter­industrie übersprangen, traf das auch andere Länder, weil die ökono­mische Entwicklung der USA für die internatio­nale Konjunkturentwick­lung von großer Bedeu­tung ist. Die Dynamik der globalen Ökonomie wurde gedämpft, vor allem in Ländern, die noch bis Ende 2006 von boomenden Immobili­enmärkten und einem positiven Konsumklima profitierten. Länder, die von der Immobilien­und Finanzkrise zunächst weniger betroffen waren, wie zum Beispiel die Bundesrepublik, zeigten sich zunächst widerstandsfähiger. Gleichwohl ist auch bei uns seit Ende 2007 eine klare Abschwächung der Wirtschaftsentwicklung zu erkennen. Bereits zu Beginn des Jahres 2008 ging die Exportdyna­mik zurück, u.a. auch durch die Aufwertung des Euro und gestiegene Rohstoffpreise. Der private Verbrauch in der Bundesrepublik konnte kein Gegengewicht bilden, um der Konjunkturab­schwächung bei uns entgegenzuwirken. Das gilt auch für die staatliche Politik, die immer noch meint, auf absehbare Zeit ihre Sparpolitik weiter­ führen zu müssen. Auf dem Arbeitsmarkt ist ge­gen Ende 2008 mit einer verspäteten Reaktion zu rechnen und es ist sicher, dass das Jahr 2009 ein Jahr des wirtschaftlichen Rückgangs werden wird. Dieser Rückgang ist deswegen massiv, da eine „normale“ Konjunkturkrise und die globale Finanzkrise zusammentreffen.

Alternative Beschäftigungspolitik und die Neuregulierung des internationalen Finanzsystems

Alternative Wirtschaftswissenschaftler, Gewerk­schafter und die Partei „Die Linke“ haben inzwi­schen Vorschläge gemacht, auf welche Weise das internationale Finanzwesen demokratisch kon­trolliert werden muss. Außerdem ist der Wirtschaftskrise durch ein stark dimensioniertes Konjunktur­ und Beschäftigungs­programm entgegenzuwirken. Folgende Maß­ nahmen sollten durchgesetzt werden:
  • Es ist notwendig, ein Konjunktur­ und Be­schäftigungsprogramm aufzulegen, dass ein Vo­lumen von 100­110 Mrd. Euro für die Bundesre­publik umfasst. Dieses Programm sollte zur Be­seitigung infrastruktureller, sozialer und ökolo­gischer Defizite eingesetzt werden. Die Finanzie­rung erfolgt dann vorwiegend durch höhere Steuereinnahmen. In Frage kommen u.a. eine Erhöhung der Körperschaftssteuer für Kapital­ gesellschaften, des Spitzensteuersatzes bei der Einkommenssteuer und die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer.
  • Anwendung des Verursacherprinzips durch Bildung von Krisenfonds, die durch Sonderabga­ben auf Kapitaleinkommen und Unternehmens­gewinne gespeist werden.
  • Rücknahme der Privatisierung der Sozial­systeme und von öffentlichen Infrastrukturen, die wesentlich zur Finanzkrise beitrugen.
  • Der Neuaufbau eines neuen internationalen Währungssystems mit Kapitalverkehrsbeschränkungen und Kontrollen des Kapitalverkehrs.
Dr. Peter Behnen - ­ Die Linke Freiburg