Amtsblatt: Ehrenbürgerinnenwürde für Dr. Gertraude Ils

Die Unabhängigen Frauen Freiburg und zahlreiche Frauenorganisationen wollen, dass die SPD-Altstadträtin Dr. Gertraude Ils zur Ehrenbürgerin ernannt wird. Von 1975 bis 1985 war sie Ratsfrau. In diesen Jahren großer sozialer und kulturpolitischer Auseinandersetzungen hat sie entscheidend zur Befriedung der Stadt beigetragen. Frei von Berührungsängsten hat sie vermittelt zwischen Stadt, Hausbesetzer- und alternativer Kulturszene. Sie warb um Verständnis, nahm Konflikten die Schärfe und suchte Bündnispartnerinnen über Fraktionsgrenzen hinweg. Es gelang ihr, Emilie Meyer/Die Grünen, Ursula Kopf/CDU, Edith Goldschagg/FDP und Ingrid Baas/Freie Wähler zu gewinnen. Diesem Kulturquintett verdankt Freiburg heute einen guten Teil seines reichhaltigen Kulturlebens. Aber immer wieder war es vor allem Frau Dr. Ils mit ihrer Klugheit und ihrer Mittlerinnentätigkeit zwischen Stadt und Künstlern, die Blockaden beiseite räumte und die Voraussetzungen dafür schuf, dass z. B. das Kinder- und Jugendtheater seine Spielstätte im Marienbad bekam, das Kommunale Kino in den Alten Wiehrebahnhof und der Arbeitskreis Alternative Kultur ins ehemalige städtische E-Werk einziehen konnten. Nach ihrer Zeit als Gemeinderätin blieb sie weiter als Bürgerin sehr aktiv, u. a. als Sachkundige im Kulturausschuss. Bis vor kurzem hat sie noch in alle wesentlichen öffentliche Diskussionen eingegriffen. Im April wird sie 100 Jahre alt. Dr. Gertraude Ils war und ist streitbar. Denn mit ihrem Wunsch und unserem Vorschlag sie zur Ehrenbürgerin zu machen, ist gleichzeitig auch eine Diskussion über die Kriterien für deren Verleihung verbunden. Das ist ihr sehr bewusst, wie auch die Tatsache, dass es hier noch keine Geschlechtergerechtigkeit gibt. Seit 1945 wurden nur drei Frauen, aber 17 Männer diese Ehrung zu Teil. Diese Frauen haben die Stadt vor der Zerstörung gerettet, Bevölkerungsgruppen vor Hunger oder vor Vernichtung. Damit wurden für Bürgerinnen Maßstäbe gesetzt, die nur in dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte möglich waren. Die hohen Verdienste der männlichen Ehrenbürger verdanken sich ihrem Amt, ihrer öffentlichen Stellung oder ihres Vermögens. Weibliche Biografien des 20. Jahrhunderts verliefen anders.

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