Mietspiegel - Nein Danke !

Der Mietspiegel spiegelt NICHT die tatsächlichen Mieten

glaubt jemand, dass Mieten im Rieselfeld, in Waltershofen... jeweils genau 13 % billiger sind als im Stadstdurchschnitt, weil sie im Rieselfeld, in Waltershofen sind,

glaubt jemand, dass Mieten losgelöst von Baupreisen sind? In Waltershofen z.B. sind diese viel niedriger als im Rieselfeld,

glaubt jemand, dass „Balkon“ nur 2% ausmacht? In der FSB erzählen sie, Wohnungen ohne Balkon seien „nicht vermietbar“,

Der Mietspiegel spiegelt NICHT die tatsächlichen Mieten

gesetzlich festgelegt ist, dass nur Neuvermietungen oder Neufestsetzungen der letzten 4 Jahre in den Mietspiegel einfließen

jedeR weiß, dass die Neumieten höher liegen als die lange laufenden: die Neumieten liegen also deutlich höher als die Durchschnittsmieten

Der Mietspiegel wird damit zum MietERHÖHUNGSspiegel, er kann gar nicht anders aufgrund der gesetzlichen Vorgaben. Die im Vergleich zum gesamt städtischen Durchschnitt höheren Mieten fließen dann wieder in den nächsten Mietspiegel ein, die Mieten, die aufgrund des neuen Mietspiegels erhöht wurden, dann wieder in den nächsten: der Mietspiegel ist ein perpetuum mobile der Mieterhöhungen.

Ohne Mietspiegel sind die MieterInnen den Vermietern und ihren Mieterhöhungsbegehren hilflos ausgeliefert?

Vielleicht ist es eher so, dass der (veröffentlichte und diskutierte) Mietspiegel viele Vermieter erst auf die Idee bringt, die Mieten zu erhöhen.

Vielleicht ist es eher so, dass ein (privater) Vermieter durch den Mietspiegel direkt erfährt, dass und um wieviel er die Miete erhöhen darf, was er sonst erst mühsam eruieren müsste.

Ohne Mietspiegel steigen die Mieten viel höher als mit?

Wieso sind die Mieten im Jahr 2006 (mietspiegelfreie Zeit in FR) nicht besonders stark gestiegen, aber in den Jahren 2008 und 2009 besonders stark?

Wieso sind die Karlsruher ganz glücklich ohne Mietspiegel? Wieso sind die Mieten im letzten Jahrzehnt in Karlsruhe nicht immens gestiegen, in Heidelberg und Freiburg nicht stabil geblieben?

Der Mietspiegel erfüllt seine Aufgabe, zu BEFRIEDEN nicht.
Hunderte von Prozessen können nicht nur an fehlerhafter Auslegung liegen, offensichtlich bietet der Mietspiegel auch Raum für fehlerhafte Auslegungen.

Um den letzten Mietspiegel gab es erbitterte Auseinandersetzungen, jetzt einfach einen neuen in Auftrag zu geben, hieße diese politisch völlig zu ignorieren.
Die Vorberatungen und die Ausschreibung lassen den Schluss zu, dass das EMA Institut große Chancen haben wird, den Auftrag zur Erstellung des neuen Mietspiegels wieder zu erhalten. Das würde zwangsläufig wieder dazu führen, dass es Auseinandersetzungen und Unfrieden gibt. EMA ist in der öffentlichen Debatte „verbrannt“, egal ob aus eigener Schuld oder nicht.

Die Mietspiegel-Befürworter argumentieren mit dem Interesse der Mieterinnen und Mieter. Wenn sie tatsächlich deren Interessen verfolgen, warum dann nicht:
a) eine Initiative zur Gesetzesänderung (4-Jahres-Regelung)
b) eine kritische Aufarbeitung des alten 2007er Mietspiegels und seiner Probleme
c) eine offene, kritische öffentliche Debatte über den Mietspiegel, sinnvolle Kriterien und seine Alternativen
d) eine Diskussion über andere (zusätzliche?) Wege zur Mietpreisreduzierung in Freiburg
e) keinen Beschluss bei der FSB und der ALW „freiwillig“ nicht an die Höchstgrenze zu gehen?
f) Überlegungen, Miethöchstgrenzen an das verfügbare Einkommen zu koppeln (in Freiburg geben Mieterinnen und Mieter 42% ihres Einkommens für Miete aus, mehr als in jeder anderen Stadt der BRD)

Der Mietspiegel ist ein Marktmechanismus. Die Mieten orientieren sich am Markt. Sind nicht politische Mieten richtig und sinnvoll? Wieso sind Museums-Eintrittspreise und VAG Tarife politisch festgesetzt (und subventioniert), Mieten aber nicht?
Ein Verzicht auf Mieterhöhungen hätte im Jahr 2008 z.B. den Gewinn der FSB von über 5 Mio € auf knapp 4 Mio € gesenkt, es wäre aber ein stattlicher Gewinn verblieben.

Von Sommer 2008 auf Sommer 2009 sind die Mieten (Quelle FAZ) um 8,9% gestiegen, im Jahr davor in ähnlicher Höhe. Diese Mietsteigerungen gehen in den neuen Mietspiegel ein. Halt: die Mieten, die nicht erhöht wurden nicht. Nur die, die erhöht wurden (und da der Durchschnitt der Mieterhöhung bei 8,9% liegt, da aber auch die nicht erhöhten Mieten einfließen) und zwar im Schnitt um viel mehr als 8,9%.

Der nächste Mietspiegel wird also schrecklich: er wird die massiven Mieterhöhungen der letzten Jahre widerspiegeln, zu massiven neuen Mieterhöhungen führen (was selbst Mietspiegel-Befürworter so sehen).

Ich werde nicht zu den Mieterinnen und Mietern hingehen und sagen:
ja, der neue Mietspiegel hat wieder zu massiven Mieterhöhungen geführt und wir haben das auch gewusst, aber aus prinzipiellen Erwägungen haben wir dafür gestimmt.

Schließlich: in der Frage nach der Alternative bin ich in der Defensive, hab ich nicht wirklich. Aber ich hab auch keine, wie den feudalistischen, frauenverachtenden Taliban effektiv begegnet werden soll, aber ich bin dagegen, das mit Militär zu lösen (war übrigens auch 1980 so, als andere meinten, da mit Militär hin zu müssen).

Hendrijk Guzzoni