Freiburger Friedensforum - Offener Brief an die Freiburger Bundestagsabgeordneten Frau Kerstin Andreae und Herrn Staatsminister Gernot Erler

Freiburger Friedensforum

Offener Brief an die Freiburger Bundestagsabgeordneten Frau Kerstin Andreae (Bündnis 90 / Grüne) und Herrn Staatsminister Gernot Erler (SPD)

Bezug: Pressemitteilungder Deutsch-Afghanischen Initiative vom 25.2.09

Nachricht der Badischen Zeitung vom 4.3.09

Dieses Jahr 2009 wird mit der Europawahl, der Bundestagswahl und einigen Landtagswahlen zum Superwahljahr. Der Wahlkampf wird von den etablierten Parteien sicher mit großem Aufwand geführt werden. Die Regierungsparteien profilieren sich schon. Die Spannungen in ihrer großen Koalition vertiefen sich. Beherrschendes Thema dieses Wahlkampfes wird sicher die globale Wirtschaftskrise sein, an der auch Deutschlands regierende Parteien keineswegs schuldlos sind, haben sie doch den gescheiterten neoliberalen Kurs mit Deregulierungs- und Privatisierungskampagnen nach Kräften unterstützt und das schon in der vergangenen rot-grünen Regierungskoalition unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Diese Regierung hat Deutschland an der Seite der NATO mitten in Europa in den ersten völkerrechtswidrigen Krieg seit 1945 geführt. Der neoliberale Kurs aber wurde vor allem auch von der FDP stark propagiert.

In den kommenden Wahlen wird die Wirtschaftskatastrophe den Afghanistankrieg und andere Kriege mit deutscher Beteiligung in den Hintergrund drängen. Ausgenommen von der Wirtschaftskrise ist die Rüstungsproduktion des industriell militärischen Komplexes, der im Gegenteil von den Krisen profitiert. Als Teil der deutschen und weltweiten Friedensbewegung sehen wir uns besonders in diesem Wahljahr dazu aufgerufen, uns mit den Problemen der globalen Kriegs- und Krisensituation auseinander zusetzen.

Anfang April tagt dieNATO in Straßburg, Baden-Baden und Kehl. Die Stärkung des Bündnisses und die Erweiterung ihres Einflussgebietes zusammen mit Machtzuwachs werden im Mittelpunkt der Konferenzen stehen. Das bedeutet auch in Zeiten der globalen Wirtschaftskrise die weitere Eroberung und Beherrschung der Weltmärkte mit militärischerUnterstützung. Der Staatsschutz beiderseits des Oberrheins wird für den NATO-Gipfel kräftig aufgerüstet. Die geplanten Sicherheitsmaßnahmen werden zu einer weitgehenden Einschränkung verfassungsmäßig garantierter Bürgerrechte führen, sowohl innerhalb der genannten Tagungsorte wie auch in der ganzen Region. Der Güter- und Warenverkehr wird zeitweise zum Erliegen kommen. Die polizeiliche Überwachung der Bürger und Bürgerinnen in der Region hat schon begonnen. Auch in Freiburg, dem Hauptstationierungsort der polizeilichen Einsatzkräfte, gibt es schon amtliche Vorladungen und polizeiliche Verhöre.

Derweil bombt die NATO weiter, besonders in Afghanistan. Zur Absicherung der Wahlen für dievom Westen unterstützte total korrupte afghanische Regierung werden immer mehr NATO-Truppen, auch mehr und mehr deutsche Soldaten dort stationiert.

Anlass für dieses Schreiben ist außer dem bevorstehenden NATO-Gipfel eine Presserklärung der deutsch-afghanischen Initiative (DAI) (siehe auch Bericht der Badischen Zeitung vom 4. März) und eine knappe Notiz der Badischen Zeitung vom 2. März d. J. unter derÜberschrift "Zivilisten leiden unter der NATO". Sie dokumentieren die Tötungsakte der NATO gegen die afghanische Zivilbevölkerung, die zahlreiche Vorläufer haben, wie Mediennachrichten z.B. über die Bombardierung von Fest- und Hochzeitsgesellschaften und ähnliche Terrorakte nachgewiesen haben. Solche gezielten Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung machten schon im NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 Schlagzeilen. Damals starben zwischen 6- und 10 Tausend Zivilisten einschließlich vieler Kinder in Belgrad und anderen Städten Jugoslawiens. Der Befehl dazu kam vom damaligen NATO-Oberbefehlshaber US-General Wesley Clark, heute Militärberater von US-Präsident Obama. Clark war auch schon einmal auf der Liste der demokratischen Präsidentschaftsbewerber.

Bei den jüngst gemeldeten, wie bei den früheren Luftangriffen auf die Zivilbevölkerung, kann es sich nicht um Irrtümer oderKollateralschäden handeln, sondern es handelt sich um gezielte Tötungsaktionen. Bei solchen Massentötungsaktionen handelt es sichzweifellos um Kriegsverbrechen, begangen von der NATO. Befehlshaber und Befehlsausführende haben sich dieser Kriegsverbrechen schuldig gemacht.

Menschen und Parteien, die solche Kriegsverbrechen unterstützen, dulden oder wissentlich verschweigen, sind nach Meinung von Menschen, die sich fürMenschenrechte und echte Friedenspolitik engagieren, nicht wählbar in demokratischen Wahlen. Das Freiburger Friedensforum fordert zusammen mit der gesamten Friedensbewegung den Ausstieg aus der NATO.

gez. Horst Luppe