Städtische Finanzen: Zeitung "der Sonntag" berichtet falsch

Linke Liste Stadtrat Michael Moos fordert Redlichkeit in der Berichterstattung 

Sehr geehrter Herr Rixinger,


in Ihrem Interview mit Herrn Rausch behaupten Sie:

„ Freiburg hatte 2006 keinen genehmigungsfähigen Haushalt“ – das ist falsch. Der Doppelhaushalt 2005/2006 wurde vom Regierungspräsidium als Rechtsaufsichtsbehörde mit Erlassen v. 08.06.2005 und 27.06.2005 mit 2 Einschränkungen genehmigt, denen der Gemeinderat mit Beschlussfassung v. 21.03.2006 nachkam (G-05/223 und G 06/071).

Am 18.06.2006 verabschiedete der Gemeinderat mehrheitlich einen Nachtragshaushalt für 2006, der mit einer ausgewiesenen Umkehrzuführung vom Vermögenshaushalt zum Verwaltungshaushalt in Höhe von 18.990 Mio.€ und Ersatzdeckungsmitteln in Höhe von 29.446 Mio. € Ersatzdeckungsmittel ersichtlich nicht genehmigungsfähig war. Am 04.07.2006 beschloss dieselbe Gemeinderatsmehrheit eine Vorlage der Verwaltung v. 16.06.2006 zur Veräußerung der Stadtbau GmbH und der städtischen Wohnungsbestände. In der Debatte zum Nachtragshaushalt vertraten wir schon damals die Position, dass dieser keine andere Aufgabe habe als das propagandistische Trommelfeuer für den Verkauf der Stadtbau und die ebenfalls am 04.07.2006 von derselben Gemeinderatsmehrheit beschlossene Reduzierung der städtischen Zuschussleistungen um 10% bis 2010 zu liefern.
Nachdem dieser Nachtragshaushalt nicht genehmigt worden war, behielt der Ursprungshaushalt 2006 seine Gültigkeit und war maßgeblich für die Finanzabwicklung des Jahres 2006.
Bereits der Finanzbericht der Kämmerei (Stand 30.09.2006) v. 23.11.2006 (G-06/211) vermeldete „eine wesentliche Verbesserung des Gesamthaushaltes 2006 gegenüber den ursprünglichen Haushaltsansätzen um rund 4,8 Mio. €“ (Bericht, S. 9). Für Salomon und Neideck wurde die Haushaltsentwicklung 2006 unbegreiflich, eine „sehr ungewöhnliche finanzielle Entwicklung“, die aber – wie jeder weiß – kennzeichnend ist für kommunale Einnahmen – und Ausgaben (siehe die Situation 2002).
Im Oktober wurde der Gemeinderat mündlich von der Verwaltung informiert, dass nach aktuellem Stand voraussichtlich mit Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer, dem Einkommenssteueranteil und den FAG-Zuweisungen von insgesamt rund 16 Mio. € zu rechnen sei (vgl. G-07/108, S.3).
Der Bericht über das Rechnungsergebnis 2006 weist ein gegenüber den genehmigten Haushaltsansätzen ein um 105.303 Mio. € größeres Haushaltsvolumen und eine Zuweisung aus dem Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt v. 20.558 Mio. € ( ! ) aus.
Fazit: Der Haushalt 2006 war genehmigt. Freiburgs Finanzen wurden ordnungsgemäß über den genehmigten Haushalt abgewickelt.
Sie behaupten weiter: „Heute klagen alle Kommunen über Geldmangel – Freiburg nicht mehr“. Auch dies ist falsch. Zwar behauptet Dieter Salomon, Freiburg sei auf Grund seiner Konsolidierungspolitik „gut aufgestellt“. Tatsache aber ist, dass gemäß Finanzbericht v. 27.11.2009 über die Haushaltsentwicklung für 2009 eine Verschlechterung gegenüber den Haushaltsansätzen von 21.5 Mio. € festgestellt wird, die wie in früheren Jahren nur durch einen nahezu vollständigen Verzehr der freien Rücklagen von 23 Mio. € aufgefangen werden kann. Für 2010 prognostiziert der Bericht eine zu erwartende Belastung des Haushaltes um 37.6 Mio. € , wobei die Auswirkungen des zum 01.01.2010 in Kraft getretenen sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetz nicht berücksichtigt sind. Die Fraktion der Unabhängigen Listen bereitet derzeit eine umfangreiche Anfrage an das Bürgermeisteramt vor, die Ihnen in Kürze zugeht.

Fazit: Freiburg müsste wie alle Kommunen einen Rückgang der Einnahmen und damit der Investitionskraft bei wachsenden Ausgaben (Kleinkinderbetreuung, Kosten der Unterbringung etc.) feststellen. 


 Die Feststellung des Städtetages „ Finanzprobleme spitzen sich dramatisch zu“, gilt auch für Freiburg. Ohne eine wesentliche Verbesserung der Einnahmesituation wird auch Freiburg den sich stellenden Aufgaben bei weitem nicht gerecht werden können. Dazu gehört ein stabiler und den wachsenden Aufgaben der Kommunen angepasster Anteil am Gesamtsteueraufkommen wie auch – von G. Rausch vorgeschlagen, - eine Diskussion um höhere Einnahmen aus Kommunalsteuern und Abgaben. Dies offen und ehrlich zu sagen – auch vor einer Wahl – (anstatt dauernd auf die Mai-Steuerschätzung zu verweisen) gebietet die Redlichkeit.

Michael Moos, Stadtrat der Linken Liste/solidarische Stadt