Vorteil U




2009: Ein Investor – nennen wir ihn der Einfachheit halber U – erklärt Stadtverwaltung und  gemeinderätlichem Bauausschuss, ihm gehöre bereits ein Teil der Grundstücke an der  Friedrichstraße/Bismarckallee, und er wolle das Quartier zwischen Bismarckallee und  Colombistraße/Friedrichring und Rosastraße komplett neu bebauen. Neu, schick und profitabel mit dem Label „Europa-Viertel“. Aufgabe der Stadt wäre nun Dreierlei gewesen: Spätestens jetzt zu überlegen, was dort gebaut werden soll, Nutzungskonzept, noch mehr Büroflächen auf einem ohnehin übersättigten Markt? Zweitens, wie dort eine städtebaulich angemessene Bebauung aussehen sollte, und drittens, wie die verschiedenen Grundstückseigentümer an einen Tisch gebracht werden.

Stattdessen beauftragte die Stadt (gegen die Stimmen der Unabhängigen Listen) Investor U mit der Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs, nicht jedoch den anderen großen Grundstückseigen­tümer – nennen wir ihn der Einfachheit halber Investor X –, der ebenfalls Interesse an einer Neubebauung geäußert hatte.
2010: Das Ergebnis des Wettbewerbs ist niederschmetternd. Die gemeinderätlichen Gremien sind sich einig: So geht es gar nicht.
2011: Das Unheil nimmt seinen Lauf, der Gemeinderat stimmt wiederum gegen die Stimmen der Unabhängigen Listen entsprechend den Wünschen des U dafür, den Teilbereich Eckgrundstück Friedrichstraße/Colombistraße abzutrennen, ihm bislang städtische Grundfläche für eine Garagenzufahrt zu verkaufen und einer Bebauung durch Investor U zuzustimmen. Unsinnig, da eine Gesamtkonzeption für das „Europa-Viertel“ immer für notwendig erachtet wurde. Und wieder mit Bauplanungen, die Investor U mehr in die Karten spielen als Investor X. Fatal zudem, dass ein Mitglied des Gemeinderats mitstimmt, das befangen ist.
2013: Nun soll der Gemeinderat den wegen Befangenheit eines Stadtratsmitglieds unwirksamen Beschluss von 2011 erneut fassen. Mittlerweile droht Investor X mit einer Klage gegen die Stadt und wirft dieser einseitige Parteinahme zugunsten Investor U vor.
Fazit: Wenn die Stadt Bebauungspläne nach Investoren(-wünschen) ausrichtet, statt nach städtebaulichen Kriterien, wird sie ihrer ­Aufgabe, dem Gemeinwohl zu dienen, nicht gerecht.
P.S. Erinnern Sie sich? Als 2010 während des OB-Wahlkampfs von den beiden anderen Kandidaten der Vorwurf geäußert wurde, dass die städtische Baupolitik zu investorenorientiert sei, reagierte der OB äußerst beleidigt. Zu Recht? Urteilen Sie selbst.

Amtsblatt vom 14.2.2012

Hendrijk Guzzoni