Stoppt TTIP, CETA und Tisa: Rede von Stadträtin Ulrike Schubert im Gemeinderat


Rede TTIP Gemeinderat 9.12.2014 - Ulrike Schubert UL

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

Freiheit! Partnerschaft! Wachstum! Hemmnisse weg ! und das transatlantisch– Hört sich das nicht nach Aufbruch und Abenteuer an?

Ja, und das stimmt sogar! Hier geht es um eine historische Rolle- Rückwärts – ein rollback – fast in Anfangszeiten eines wildwachsenden Kapitalismus. Bei TTIP, CETA und TiSA geht es um nichts weniger , als erreichte, - oft genug in der Geschichte - bitter erkämpfte - Demokratie und Rechtstaatlichkeit – abzubauen – es geht tatsächlich an die Wurzeln dieser erreichten Werte und Gesetze & da ist allerhöchste Wachsamkeit angesagt.
In abenteuerlicher Weise sollen z.B. mit dem Instrument privater Schiedsgerichte – konkret: die sog. „ Investor gegen Staat-Verfahren“ für exklusive Konzernrechte - Demokratie und Rechtstaatlichkeit langfristig zurückgefahren werden . Die Statistik zeigt: International steigt die Kurve von solchen Klageverfahren an gegen z.B. Mindestlöhne in Äpypten oder Umweltstandards in Mexiko. Oder schon im Vorfeld werden zukunftsweisende Gesetze erst gar nicht verabschiedet, um Entschädigungssummen an Konzerne zu vermeiden ! ( Für die Unternehmen ein echter Glückfall – von den bisher weltweit etwa 500 derart verhandelten Klagen von Konzernen gegen demokratische Entscheidungen haben nur in 30 % die Staaten klar gewonnen. )

Offiziell geht es um eine, wie es heißt, bessere Ausschöpfung „ des Potenzials der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen – Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen – aber auch für Dienstleistungen , bessere Bedingungen für Investitionen und natürlich – man ahnt den Nachklapp für die Werbung .. um Arbeitsplätze!

Doch: Entgegen bisheriger 4 mittelfristiger Studien – interessanterweise sagen selbst diese minimale Beschäftigungseffekte von jährlichen 0,048% ! voraus, liegen aktuell realistischere Prognosen wie von der Uni Boston für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum vor (Tuft Univ.Boston-Capaldo ). Die Prognosen:

- Rückgang der Arbeitsplätze EU- weit um 600 000

- Rückgang der Arbeitseinkommen in Dt. um 3.400 E / Beschäftigten

- Rückgang der Lohnquote u. ein Transfer von Arbeitseinkommen zu Kapitaleinkommen

- Der Konsum nimmt ab & Profite werden noch mehr auf dem Finanzmarkt angelegt statt in Wirtschaft…

Was werden tatsächlich für Ziele mit TTIP, CETA und TiSA verfolgt?

Ziel ist ja nicht in 1. Linie der Abbau von Zöllen- und Handelshemmnissen , sondern vor allem der „ NICHT tarifären Handelshemmnisse“ wie Verbraucherschutz, Kennzeichnungspflicht Datenschutz, Arbeitnehmerrechte . Das Recht soll „ harmonisiert“ werden, d.h. meist , Senkung von Standards - keine Transparenz, keine demokratische Beteiligung gewählter Parlamente. Strittig ist leider noch immer , ob die nationalen Parlamente zustimmen müssen.

Ein transatlantischer Regulierungsrat soll die Gesetzgebung der EU und der USA koordinieren - wie es offiziell & natürlich !! wertfrei formuliert wird. Nach der geplanten einmaligen Zustimmung des EU Parlaments würde die weitere Ausgestaltung jeglicher demokratischer Kontrolle entzogen .

Parlamente gehen danach zwar noch aus regulären Wahlen hervor – aber : sie haben nichts Wesentliches mehr zu entscheiden!

Was würde TTIP für Freiburg bedeuten?

Langfristig und vor allem – unumkehrbar! gefährdet wären auch für Freiburg kommunale Demokratie und Daseinsvorsorge, beschlossene Nachhaltigkeitsziele und BürgerInnenbeteiligung. Die internationale Dienstleistungswirtschaft hat im Kalkül, Höchstprofite zu generieren durch Privatisierung bisher öffentlicher staatlicher Daseinsvorsorge.

Ja, Gemeinderatsbeschlüsse könnten bereits im Vorfeld – z.B. bei den anlaufenden Beratungen zum Doppelhaushalt 2015/16 oder auch im Anschluß durch private Schiedsgerichte unterlaufen werden. Klagegrund: Gefährdung von Profiterwartungen, Geldstrafen in Millionenhöhe drohen. Die Freiburger Daseinsvorsorge gerät so unter Privatisierungsdruck: Öffentliche Dienstleistungen sollen als neu erschlossene Marktlücken für Extraprofite sorgen : Straßenbahnen, Schwimmbäder, Abfallwirtschaft, Bildungseinrichtungen, Museen, Theater oder sogar …die Sparkasse Freiburg.

Auch die Kulturförderung für Theater Orchester Museen könnten als wettbewerbsschädigende Beihilfe interpretiert werden.

Erreichte Standards der Freiburger Vergabepraxis nach ILO wie z.B. Lohngleichheit, Verbot von Kinderarbeit oder Koalitionsfreiheit sind gefährdet, nachhaltige ökologische Beschaffung, der Abbau von CO2 um 40% ebenso. Fast alles muss auch in den USA z.B. - international ausgeschrieben werden ; heimische Unternehmen fallen da leicht raus. Wirksamer Mieterschutz, das just beschlossene Zweckentfremdungsverbot oder die bescheidene Mietpreisbremse sind nach TTIP-Kriterien ein klarer Bruch „legitimer“ Gewinnerwartungen; und nicht nur nebenbei: Eine Rekommunalisierung dannvon z.B. einst städtischen, privatisierten Wohnungen ist nicht möglich. ( nach den sog. Standstill & Ratchetklauseln )

Daß von Privatisierung und Abbau von Standards gerade auch Frauenarbeitsplätze in Freiburg betroffen wären – das kann dann mit Sicherheit einkalkuliert werden: Schon jetzt sind der Grossteil der atypischen Beschäftigung in Freiburg – Teilzeit, Geringfügig mit 1,2, 3 Jobs usw. wird zum grossen Prozentsatz von Frauen geleistet – auf dem hiesigen Dienstleistungs - Arbeitsmarkt wären sie noch einmal mehr - die großen Verliererinnen.

TTIP TiSA und CETA drohen ganz real und ganz legal zu einer Gefahr für Gesundheits- Verbraucher-, Umwelt- und Sozialschutz der BürgerInnen sowie demokratischer Beteiligungsrechte zu werden.

Und wir freuen uns , dass der Oberbürgermeister explizit die gute Initiative der kommunalen Spitzenverbände unterstützt,

Mit dieser Stellungnahme des Gemeinderats reiht sich dieses Gremium ein in eine

Lange Liste von Städten in Deutschland.


Wir brauchen endlich Transparenz und ein nachhaltige verbriefte Beteiligungsrechte der Kommunen bei den Verhandlungen und wenn diese nicht erfolgreich ist , die klare Ansage:

Stop TTIP , CETA und Tisa sofort!

Aber, und das ist die gute Nachricht: Das Freiburger Lokale Bündnis gegen TTIP, immer mehr Kommunen, die europäische Bürgerinitiative gegen TTIP – die endlich offiziell zugelassen werden muss - machen deutlich: Öffentlich ist wesentlich ! Zunehmender Druck führte z.B. zur Veröffentlichung des geheimen Verhandlungsmandats.

Organisationen wie vor allem attac und campact und viele Andere haben ausgezeichnete Arbeit gegen TTIP geleistet.
Es geht darum, dass soziale und ökologische Mindeststandards für den Handel zwischen den Weltregionen etabliert wird.

Besonders wichtig- entwicklungsfördernde Abkommen mit Entwicklungs- und Schwellenländern auf den Weg bringen – nachhaltig global !

Unsere Fraktion sagt Ja – zu einem fairen und nachhaltigen Handel und Für eine soziale und nachhaltig ökologische Stadt Freiburg.

Für ein erfolgreiches Bürgerbegehren in 2006 galt der Leitspruch:

„ Freiburg im Breisgau – nicht zu verkaufen!“

Bleiben wir doch dabei – wahren wir unsere kommunale Selbstverwaltung !



Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !