Gnadenlose Privatisierung

Es gibt gute Gründe für mehr Eigentumswohnungen in Weingarten. Dort ist der Anteil an selbstgenutztem Eigentum weit niedriger als in jedem anderen Stadtteil. Wir haben daher Bestrebungen für einen ausgewogeneren sozialen Mix stets mitgetragen. Dieser kann jedoch nicht nur in einem Stadtteil, sondern muss in allen Quartieren Freiburgs politisches Ziel sein.
Die Wohnungsbedarfsanalyse belegt: der allergrößte Mangel besteht an Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment. Dies gilt insbesondere für Weingarten, dem Stadtteil mit dem höchsten Anteil an BezieherInnen von Transferleistungen. Der Bedarf an (Sozial-)Mietwohnungen ist in keinem anderen Quartier so hoch.
Ausgerechnet hier will die Freiburger Stadtbau (FSB), die einen sozialen Auftrag zu erfüllen hat, das Hochhaus Binzengrün 34 mit derzeit 96 Mietwohnungen komplett privatisieren.
Auch wenn den bisherigen MieterInnen ein Rückkehrrecht eingeräumt wird, werden das nur wenige wahrnehmen. Auf Dauer sollen alle Wohnungen zu Eigentumswohnungen werden. Aber wer von den Weingartner MieterInnen kann sich eine Eigentumswohnung für 3.500.-€/qm leisten, wer hat mehrere Zehntausend Euro Eigenmittel flüssig? So wird die Wohnungsnot verstärkt bei denen, die besonders auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.
Zudem wird ohne Not auf die Möglichkeit sozialer Steuerung verzichtet. Dringend nötige und stark nachgefragte Projekte wie „Wohnverwandschaften plus“ werden dort unmöglich.
Die UL lehnt die Privatisierung von Binzengrün34 ab. Dennoch haben wir im Aufsichtsrat der FSB einen Kompromissantrag eingebracht, der eine Teilprivatisierung von ungefähr der Hälfte der Wohnungen vorsah, wenn an anderer Stelle in Weingarten eine entsprechende Zahl an Mietwohnungen neu gebaut würden. Mehrgenerationenprojekte wären weiter möglich, die Zahl der Eigentumswohnungen würde steigen, die an Mietwohnungen nicht sinken. Dies würde auch zu einer „Befriedung“ im Stadtteil beitragen, wo sich Befürworter und Gegner recht unerbittlich gegenüberstehen.
Doch FSB-Spitze und schwarz-grüne Mehrheit im Aufsichtsrat wollen die Privatisierung gnadenlos durchpeitschen – auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter.

Hendrijk Guzzoni & Irene Vogel