Amtsblatt: Asylrecht und Solidaritätsarbeit – ein Widerspruch

Die Hilfsbereitschaft der Freiburger Bevölkerung für hier ankommende Flüchtlinge ist beeindruckend und sehr erfreulich – zumal im Vergleich zu früheren Zuwanderungen. Sie richtet sich an die 900 vorübergehend in der Erstaufnahme (EA) des Landes untergebrachten Menschen wie an die z.Z. monatlich 400 in Freiburg Eintreffenden, die bis zur Anerkennung ihres Asylantrags in der Stadt leben und von der Stadt mit allem Notwendigen versorgt werden müssen.
Viele werden sich wohl auch danach, zum ersten Mal selbstbestimmt, für einen Wohnsitz im schönen Freiburg entscheiden – vorausgesetzt es gelingt, die vorläufigen Unterbringungen in der Stadthalle, in Wohncontainern oder umgebauten Büros und Fabrikgebäuden durch bezahlbare Wohnungen zu ersetzen. Es muss Stadtverwaltung und Gemeinderat auch gelingen, schnell die Weichen für den Ausbau der Infrastruktur in Kita-, Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu stellen. Darüber hinaus brauchen die zahlreichen Flüchtlingsinitiativen strukturelle Unterstützung, damit die Hilfsangebote verstetigt und die Helfenden gestärkt werden. Vor allem bedarf es vieler Angebote für die Bevölkerung, die Helfenden wie für die Geflüchteten, um das gegenseitige Verständnis, die sog. interkulturelle Kompetenz, zu fördern. Davon und von vielfältigen Begegnungen sozialer, kultureller oder sportlicher Art wird es abhängen, wie Inklusion gelingt. Im völligen Widerspruch zu diesen Aktivitäten und Überlegungen steht die aktuelle politische Verschärfung des Asylrechts. Integrationsbemühungen auf lokaler Ebene werden damit ausgehebelt. Nicht nur die bevorstehenden massenhaften Abschiebungen, auch der Ersatz von Bargeld- durch Sachleistungen oder das Verwehren des Zugangs zum Arbeitsmarkt schließt diese Menschen von der Teilhabe und aus unserer Gesellschaft aus. Droht ein Rückfall in die Steinzeit deutscher Willkommenskultur? Zweifel am Sinn der ganzen FlüchtlingsSolidaritäts-Arbeit liegt genau so nahe wie die Hoffnung, dass eine solche Politik von Vielen abgelehnt wird und sie sich auf die Seite des Protestes gegen eine Aushöhlung des Asylrechts stellen. (Irene Vogel)