Kommentar: Wie weiter am Platz der Alten Synagoge? Was man jetzt tun könnte.

Die gestrige Hauptausschusssitzung war wichtig und hätte noch wichtiger
werden können, wäre man dort vollumfänglich zur Einsicht gelangt, vor allem
von Seiten der Stadt, dass man zwar - aus Überzeugung - an seinen Planungen
festhalten kann, spezifischer Zeitpunkt, neue Umstände, eigentlich leicht
verständliche Emotionen angesichts der faktischen - und nun sicht- und
erlebbaren - Überreste der Synagoge, nicht einfach übergangen werden können.
Leider gab es von diesen Einsichten – zumindest nach außen kolportiert - zu
wenig. 


Insgesamt - und auch hier hat man was verpasst - wirken die z.T. guten und
richtigen Argumente gegen eine extreme Konservierung der Steine, um sie
unüberdacht und dem Klima ausgesetzt zu zeigen, oder gegen eine Kombination
aus Präsentation der Fundamente UND dem Brunnen vor allem als Rechtfertigung
für das hastige Abtragen der Steine, gegen den ausdrücklichen Wunsch der
israelitischen Gemeinde und einiger Gemeinderatsfraktion, ein paar Tage
abzuwarten, in sich zu gehen und das ein oder andere nochmal abzuwägen. Das
zeigt, der deutsche Amtsschimmel und ein einfühlsamer, nachvollziehender
Umgang mit deutscher Geschichte und deren Opfern sind leider immer noch
keine Freunde. 

Was bleibt? Ein Platz und seine Gestaltung im Herzen der Stadt,
kulturhistorisch wohl wenig interessante aber dafür emotional um so mehr
bedeutendere teilabgetragene "letzte Überreste" der alten Synagoge; von
respektlosen Brechstangen und überhastetem Vorgehen verletze Gefühle von
nicht-jüdischen und jüdischen BürgerInnen in Freiburg und weltweit; ein
zerrissener Dialog zwischen israelitischer Gemeinde und Stadt über ein gutes
und würdiges Gedenken - und das alles in den Tagen um den 9.11. herum, dem
Jahrestag der Pogromnacht. Ein Elefant im Porzellanladen erscheint einem vor
diesem Hintergrund fast grazil. 

Was aber wäre jetzt zu tun?

Eine Entschuldigung der Stadtspitze und der Verwaltung für ihr emotionsarmes
Vorgehen über eine hier zwingende Einvernehmlichkeit mit den jüdischen
Gemeinden hinweg. 

Ein zeitlich befristeter Baustopp am Brunnen und bei der weiteren
Beeinflussung der Fundamente, bis ein neuer Dialogfaden aller beteiligten
Gruppen aufgenommen wurde, der einvernehmliche Ergebnisse bringt. 

Eine ergebnisoffene Führung dieser Debatte, die die neue Ausgangslage
berücksichtigt und - sicher unbeabsichtigte - Versäumnisse bei der
politischen und historischen Bewertung der Bedeutung der
Untergrundbeschaffung des Platzes einräumt. 

Eine Debatte in der Stadt, ob der Brunnen wirklich die sinnvollste Art und
Weise ist zu gedenken, oder nicht doch das Zeigen und Bewahren der
Fundamente in einem überdachten Platzbau an eben dieser Stelle, ggf. auch
mit der Möglichkeit auch zur Dokumentation und begleitenden Aufklärung über
die Verbrechen der NS-Herrschaft an den Menschen und den jüdischen
MitbürgerInnen Freiburgs im besonderen. 

Gregory Mohlberg, Arbeitsausschuss der Linken Liste