Bessere Lebensperspektiven für alle Kinder und Jugendlichen


Lothar Schuchmann
Es ist ein Skandal: 3/4 der Hauptschüler in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Bremen beenden die Hauptschule ohne Abschluss. In unserem so wohlhabenden Land Baden-Württemberg sind es immerhin noch 37%. Fakt ist: Jedes Jahr verlasssen 22% eines Jahrgangs in Deutschland die Hauptschule ohne ausreichende Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen. Dies bedeutet: Nach immerhin neun Schuljahren fehlt es sehr vielen Jugendlichen grundlegend an Lesekompetenz und sprachlichem Ausdrucksvermögen, an Rechen- und Rechtschreibfähigkeit, an Allgemeinwissen und häufig auch an altersentsprechender sozialer Kompetenz. Wie ist das zu erklären? Die cognitive Fähigkeiten unserer Kinder sind zu etwa 40% genetisch bedingt und resultieren zu 30% bis 40% aus frühkindlicher Prägung im Elternhaus; dagegen können nur 20% dieser Fähigkeiten, zu denen die Konzentrations- und Lernfähigkeit gehören, durch intensive schulische Förderung verbessert bzw. nachgeholt werden.

Soziale Prävention von Geburt an und kontinuierliche engagierte Elternarbeit im Sinne eines Lebenslaufsmodells können nachteilige frühkindliche Prägungen verhindern bzw.sie kompensieren. Eltern müssen und können von der Notwendigkeit von guter Betreuung, Bildung und Erziehung ihrer Kinder überzeugt werden. Dazu bedarf es einer befriedigenden Lebenssituation der Familien mit gesicherten Arbeitsplätzen, ausreichendem Wohnraum und sozialer Unterstützung; zumindest aber muss das soziokulturelle Existenzminimum für alle Familien gewährleistet sein; die bewußte Ver-armung von Familien und Kindern wie sie die Agenda 2010 vorsieht, muss nachdrücklich gestoppt werden. Zur frühkindlichen Förderung gehört beispielsweise das regelmäßige abendliche Vorlesen - Kinderbücher können dabei über KITA's erworben oder ausgeliehen werden. Bei besserer Finanz- und Personalausstattung von Kinderkrippen und KITAs können diese zu Familienzentren umgestaltet werden. Im Rahmen von Eltern-Cafés oder Programme wie "Mama lernt Deutsch", über Koch- und Nähkurse wird ein Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und ErzieherInnen aufgebaut, Eltern werden so gefordert und ermutigt, können bei Defiziten freundlichen Rat annehmen, Vernachlässigung wird seltener.

Einer frühzeitigen schon im Krippenalter beginnenden Sprachförderung kommt große Bedeutung zu. Eine besondere Herausforderung dabei ist die Integration und sprachliche Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Sprachkompetenz ist der wesentliche Schlüssel für eine erfolgreiche Bildungslaufbahn. Sprachförderung und Spracherziehung sind daher ein ganz wichtiger Bestandteil des Bildungsauftrags von Kinderkrippen und KITAS. Vorschulische Bildung verringert so die soziale Ungleichheit in Bildung und Gesundheit.

Ohne intensive frühkindliche Förderung, Bildung und Erziehung besteht die Gefahr, dass der ganze weitere Lebenslauf der Kinder gefährdet und beschädigt wird. Bei gelegentlich wahrzunehmender nicht veränderbarer elterlicher Gleichgültigkeit sind daher - auch schmerzhafte - Sanktionen angezeigt.

Hauptschülern wird häufig wenig diskret vermittelt: Du kannst nichts, Du bist nichts, aus Dir wird nichts außer "Hartz IV". Um dies zu ändern ist an allen Schulen ein individualisierter Unterricht in kleinen Klassen einzuführen - der bisherigen Frontalunterricht wird abgeschafft. Eine sinnvolle Schulreform in Sinne der Ganztages-Gesamtschule allein führt nur dann zur Verbesserung von Bildung und Erzie-hung unserer Kinder, wenn auch Ausbildungsweise an den pädagogischen Hochschulen verändert, die Zahl der LehrerInnen und SchulsozialarbeiterInnen deutlich erhöht und das ganze Unterrichtswe-sen an Haupt und Gliedern reformiert wird. Besonders an den heutigen Hauptschulen ist ein indivi-dueller Sprachunterricht zum Erlernen der deutschen Schriftsprache dringlich, auch zur Verbesserung des Sprechvermögens durch Lese-Unterricht. Bei Schülern, die erst im späten Kindes- oder Jugendalter nach Deutschland kommen, kann dies über Förderung muttersprachlichen Unterrichts und Erlernen von Deutsch als erste "Fremdsprache" (Basler Modell) geschehen.

Das altbewährte Argument der Anhänger der Ständeschule „Es fehlt an Finanzmitteln“ zählt nicht heute mehr. Angesichts der Milliarden-Ausgaben für zockende Banker ist zu hinterfragen, warum die Lebensperspektive unserer Schulkinder für unsere Politiker so wenig Bedeutung hat. Bei gerechter Besteuerung, etwa durch eine moderate Vermögenssteuer, vor allem durch Besteuerung auch der Reichen und Super-Reichen unseres Landes, wären zukünftig genügend Finanzmittel vorhanden für erfolgreiche Schulen. Die Bundesländer haben die uneingeschränkte Zuständigkeit für das Schulwe-sen und tragen damit auch die volle Veranwortung. Dieser Verantwortung werden Länder und Kommunen nicht gerecht. Die „Reparatur“ der vielen Schäden, die das heutige Bildungs- und Erziehungs-system verursacht, kann uns alle noch sehr teuer zu stehen kommen.

Die Bundesländer haben die uneingeschränkte Zuständigkeit für das Schulwesen und tragen damit auch die volle Verantwortung. Deiser verantwortung werden Länder und kommunen nicht gerecht. die Repartur der vielen Schäden,duie da sheutige Bildungs- und erziehungsystem verursacht kann uns noch sehr teur zu stehen kommen.